Wochenbett­depression

Die Geburt eines Kindes bedingt für beide Eltern, oft jedoch insbesondere für das Leben der Mutter eine große Veränderung. Sie erfordert einen Anpassungsprozess, der sowohl den körperlichen als auch den seelischen Bereich umfasst. Diese Anpassung verläuft nicht immer problemlos und ohne Schwierigkeiten.

Wann spricht man von Wochenbettdepression?

In den ersten Tagen nach der Geburt erleben sehr viele Frauen eine erhöhte Sensibilität, Reizbarkeit und Verletzlichkeit. Die häufig auftretenden spontanen Tränenausbrüche gaben dieser Phase den Namen „Heultage“ oder „Babyblues“. Meist geht diese Sensibilität innerhalb der ersten 10 Tage nach Geburt genauso spontan wieder vorüber. Vor allem dann, wenn die Mutter nach der Geburt ausreichend durch den Partner oder das soziale Umfeld unterstützt wird. Dann stellen sich Wohlbefinden und Selbstvertrauen in die Fähigkeiten als Mutter (wieder) ein und der Kontakt zum Baby ist geprägt durch liebevolle Nähe, Wärme und Fürsorge. Die liebevollen Gefühle zu diesem kleinen Wesen können wieder gefühlt werden.

Manche Frauen erleben jedoch mehr als 14 Tage anhaltende niedergedrückte oder gereizte Stimmung, unbestimmte Ängste, Erschöpfung und Perspektiv- und Antriebslosigkeit. Diese Stimmung unterscheidet sich deutlich in ihrer Intensität und Ausprägung vom „Babyblues“. In diesem Fall kann eine beginnende postpartale Depression vorliegen, auch Wochenbettdepression genannt. Sie entsteht nicht immer direkt nach der Geburt. Meist entwickelt sie sich jedoch schleichend innerhalb der ersten drei Monate, zum Teil auch bis zu einem Jahr nach der Geburt. Unterschieden werden muss sie von einem Burnout, bedingt durch Schlaflosigkeit und Überbeanspruchung der eigenen Kräfte.

Zu der schlechten Stimmungslage erleben Mütter mit einer Wochenbettdepression es häufig als schwierig, sich in der neuen Situation zurecht zu finden. Alltägliche Aufgaben und Aktivitäten kosten sehr viel Anstrengung und Kraft, Gefühle des Überfordertseins in vorher meinst unbekannter Intensität treten auf. Vermehrt kommt es zu Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten. Frühere Interessen und Dinge, die Freude bereitet haben, verlieren ihre Bedeutung. Kontakte zu Freunden, Bekannten und meist auch zur eigenen Familie werden vermieden und manchmal kommt es zum vollständigen Rückzug aus der Umgebung zurück.

Leider werden in der Situation auch die sehr wichtigen familiären Beziehungen stark belastet. Beziehungsschwierigkeiten zum Partner können einsetzen. Vor allem aber wird der Aufbau der Beziehung zum Neugeborenen als schwer erlebt. Die Gedanken wechseln zwischen übermäßiger Sorge um die Gesundheit des Kindes und Ängsten, der neuen Situation nicht gewachsen zu sein. Das allseits erwartete Gefühl der “Mutterliebe”, Zuneigung und Fürsorge für das Neugeborene, will sich einfach nicht einstellen. Es kann zu ambivalenten Gefühlen bis hin zur Ablehnung des Kindes kommen. Gedanken darüber, das Kind zur Adoption freizugeben oder der Wunsch das Muttersein wieder aufgeben zu können treten auf. Auch eine erhöhten Reizbarkeit dem Kind gegenüber und Gewaltfantasien können sich entwickeln, die sich manchmal nur schwer kontrollieren lassen, so dass es zu gewalttätigen Ausbrüchen dem Kind gegenüber kommt, meist gefolgt von heftigen Scham- und Schuldgefühlen und Selbstzweifeln. Gedanken daran sich selbst oder auch dem Kind etwas anzutun, können ebenfalls auftreten.

Warum erkranken manche Mütter an einer Wochenbettdepression?

Zur Entstehung einer postpartalen Depression tragen verschiedene Faktoren bei. Geburt und Schwangerschaft vorhergehende belastende oder traumatische Lebensereignisse, Hormonumstellung, eine schwierige Geburt, eine frühe Trennung von Mutter und Kind nach der Geburt (z.B. bei Notkaiserschnitten oder Frühgeburt), Schlafmangel, ein schwer zu beruhigendes Baby, hohe Erwartungen an die Rolle als Mutter, fehlende Unterstützung und Konflikte mit Vater des Kindes oder der Herkunftsfamilien der jungen Eltern, das Erleben auf die Rolle auf Hausfrau und Mutter „reduziert“ zu sein. Das alles können Ursachen dafür sein, dass sich das Mutterglück nicht wie erwartet einstellt.

Treten während der Schwangerschaft bereits depressive Symptome auf, so können diese Vorboten für eine nach der Geburt auftretenden Depression sein.

Wie kann eine Wochenbettdepression behandelt werden?

Wochenbettdepressionen sind sehr gut zu behandeln und die Aussichten, dass Sie sich wieder vollständig erholen, sind hoch. Wichtig ist eine Behandlung vor allem aus folgenden Gründen:

Das Auftreten einer postpartalen Depression stört den Aufbau einer engen Bindung zwischen der Mutter und ihrem Neugeborenen empfindlich. Eine enge Bindung zwischen Mutter und Kind ist jedoch langfristig für die gesunde psychische Entwicklung eines Neugeborenen unverzichtbar.

Zum anderen können schwere Verläufe mit Suizidgedanken einhergehen. Auftretende Gewaltfantasien und Suizidgedanken können in Extremfällen auch in die Tat umgesetzt werden. In diesem Fall kann eine medikamentöse Behandlung und gegebenenfalls eine stationäre Aufnahme von Mutter und Kind manchmal unumgänglich sein. Leichte bis mittelschwere Formen können meist schon mit einer ambulanten Psychotherapie wirksam behandelt werden.

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